Apotheken als attraktive Arbeitgeber- was muss sich verändern?- Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Anja Lüthy

Mit den herkömmlichen Methoden der Personalführung werden auch Apotheken dem demographischen Wandel nicht mehr erfolgreich begegnen können. Die Jungen ticken einfach anders und haben hohe Ansprüche an ihre Arbeitgeber. Da Vorgesetzte die Unternehmenskultur maßgeblich prägen, sind sie es, die sich verändern müssen, um den Nachwuchs nicht zu vergraulen. – Ein Beitrag von Prof. Dr. Anja Lüthy exklusiv auf meiner Website. 

Prof. Dr. Anja Lüthy, lehrt seit 2001 an der TH Brandenburg. Sie ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Dienstleistungsmanagement / -marketing am Fachbereich Wirtschaft. Nebenberuflich ist sie seit über 20 Jahren als Speakerin, Trainerin und Coach in bundesdeutschen Krankenhäusern und Universitätskliniken tätig, parallel publiziert sie Fachartikel und schreibt Bücher. 

Wer arbeitet in der Apotheke zusammen?

Heute arbeiten vier, wenn man Praktikanten dazu rechnet, sogar fünf Generationen in Einrichtungen des Gesundheitswesens zusammen:

Die Nachkriegsgeneration: geboren um 1950, heute schon fast 70 Jahre alt, eine eher bescheidene, fleißige Generation, die den Beruf über die Familie gestellt und entsprechend viel Einsatz am Arbeitsplatz gezeigt hat. Für diese wenig freizeitorientierte Generation waren Telefon und Fax die Kommunikationsmedien; als das Internet in die Berufswelt einzog, waren sie schon um die 50.

Die Babyboomer: geboren ab 1960, im Wirtschaftsaufschwung groß geworden, ehrgeizig, aber liberaler als ihre Elterngeneration, die den zweiten Weltkrieg miterlebten. Sie haben zu Studienzeiten bereits gelernt PCs zu bedienen, ihrer Generation entstammen die Begriffe „Workaholic“ und „Burn out“.

Die Generation X: geboren um 1980, vielfach in Scheidungsfamilien groß geworden, ist weniger optimistisch, aber individualistisch. Diese Generation hat die neuen Technologien bereits im Jugendalter kennengelernt. Sie ist einerseits ehrgeizig, andererseits aber auch den Begriff „work life balance“ geprägt. Die gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist dieser Generation extrem wichtig.

Die Generation Y: geboren zwischen 1990 und 2000, ist diese Generation recht ich-bezogen, sehr technologieaffin und scheint mit dem eigenen Smartphone fast „zusammengewachsen“ zu sein. Sie ist viel in sozialen Netzwerken unterwegs. In Deutschland sind diese jungen Menschen wegen des demografischen Wandels auf dem Arbeitsmarkt sehr begehrt, sie suchen allerdings „coole „und „krasse“ Arbeitsbedingungen und sind sehr kritisch.

Die Generation Z: geboren ab 2000, die „Digital Natives“, ist heute erst um die 20 Jahre alt und – wenn überhaupt – als Praktikant – tätig. Bereits in wenigen Jahren wird sie auf dem Arbeitsmarkt ankommen. Generation Z kommuniziert hauptsächlich online, neigt deswegen zur Vereinzelung und kann sich gar nicht mehr vorstellen, wie ein Leben ohne Internet, Smartphone und Social Media überhaupt möglich sein kann.

Was muss sich verändern?

Weil jede Generation ihre eigenen Werte und Prioritäten hat, kann es zu gewaltigen Konflikten bei der Zusammenarbeit kommen. Junge Mitarbeiter, die in Besprechungen dauernd auf ihr Handy schauen bzw. darauf eintippen, können Vorgesetzte der älteren Jahrgänge richtig wütend machen.

Die Jungen wollen ganz anders geführt werden als ihre Elterngeneration – die geduldigen Babyboomer, die heute in Führungspositionen sind und sehr autoritäre Vorgesetzte hatten, an denen sie sich orientierten.

Die Babyboomer müssen spätestens jetzt anfangen umzudenken und ihr Verhalten ändern. Zunächst sollten sie über Routinebesprechungen hinaus regelmäßig in den Dialog mit den Jungen treten, um generationsgerechte Maßnahmen und Regeln gemeinsam zu entwickeln. Eine Regel kann beispielsweise lauten: „Unser Handy checken wir nie im Beisein von Kunden und während Besprechungen“.

Die Jungen sind ziemlich kompromisslos und selbstbewusst: Gefällt es ihnen an einem Arbeitsplatz nicht, fordern sie rasch ihre eigenen Bedingungen. Wenn sich dann nicht schnell etwas verändert, sind sie rasch wechselbereit, reichen die Kündigung ein und verlassen das Unternehmen wieder – oftmals schon in der Probezeit.

Was möchte die Generation Y am Arbeitsplatz?

Schon vor zehn Jahren belegte Buxel (2009, 2011, 2013) mit den Ergebnissen seiner empirischen Untersuchungen, dass sich beispielsweise junge Ärzte und junge Pflegende an ihrem Arbeitsplatz Krankenhaus folgendes wünschen:

  • eine zielstrebige berufliche Karriere, am liebsten ein begleitetes Coaching durch den Vorgesetzten
  • interessante Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, um immer auf dem neuesten Stand zu sein
  • Führungskräfte, die Vertrauen in sie haben, ansprechbar sind und kontinuierlich motivieren
  • abwechslungsreiche Tätigkeiten, wenig Bürokratie
  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie, d.h. Freizeit am liebsten ab 17 Uhr
  • eine angemessene Bezahlung
  • ein „cooles“ Betriebsklima mit Kollegen, die man auch gerne in der Freizeit trifft
  • alle Berufsgruppen wünschen sich mehr Wertschätzung und Respekt von ihren Vorgesetzten

Die Work-Life-Balance hat einen besonderen Stellenwert bei der Generation X, die mit Mitte dreißig eine Familie gründet und deshalb die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, z.B. über flexible Arbeitszeitmodelle wünscht.

Die Generationen Y und Z hingegen wünschen sich besonders viel Aufmerksamkeit von und Kontakt mit ihren Vorgesetzten.

Gleich von Anfang an wollen sie gerne auf Augenhöhe mit ihren Chefs sprechen und ernst genommen werden. Sie verlangen umgehende Antworten auf Emails und kommunizieren lieber über Whatsapp. Darüber hinaus verlangen absolute Transparenz im Unternehmen, d.h. alles mitbekommen, was interessant für sie sein könnte.

Wie kann eine Apotheke ein attraktiver Arbeitgeber werden?

Ziel muss es auch für Apotheken sein, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein und gemeinsam mit fünf Generationen eine Unternehmenskultur aufzubauen.

Dieser Prozess führt dazu, dass die Apotheke auf lange Sicht sowohl für Junge anziehend ist als auch langjährige Mitarbeiter an sich binden kann. Folgende Maßnahmen lassen sich Schritt für Schritt gut umsetzen, um ein attraktiver Arbeitgeber für alle Generationen zu sein:

Für die Nachkriegsgeneration:

  • Ansparmöglichkeit der Arbeitszeit für einen langen Urlaub, ein Sabbatjahr (Sabbatical) oder den individuell vorgezogenen Ruhestand

Für die Generation Babyboomer:

  • ein vielfältiges betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM), was über die „Rückenschule“ hinausgeht
  • Angebote für Entspannungsübungen (z.B. Yogakurse)
  • Finanzielle Unterstützung und Angebot von Gewichtsreduktionskursen und Sportstudiobesuchen

Für die Generation X:

  • eher flexible Wiedereinstiegsmöglichkeiten nach einer Elternzeit sowie ein Kontakthalteprogramm während der Auszeit
  • Betriebskindergarten bzw. Kooperationen mit Kitas vor Ort für die Betreuung der Kinder
  • Babysitterbörsen, die die Beschäftigten kostenfrei in Anspruch nehmen können, insbesondere für Spät- und Nachtdienste
  • sehr flexible Arbeitszeitmodelle wie Wunsch -, Teilzeit- und / oder Home-Office-Möglichkeit
  • Job-Sharing auch in leitenden Positionen, zwei junge Mütter teilen sich eine Führungsposition

Für die Generationen Y und Z

  • Strukturierte und transparente Fortbildungsangebote mit Aufzeigen von realistischen Karrieremöglichkeiten
  • moderne und attraktive Fitnessangebote, auch in Kooperation mit Fitnessstudios in der Region
  • Apothekeneigene App für das Smartphone, über die tagesaktuelle Informationen der Apotheke abgerufen werden können (z.B. die App Beekeeper)
  • Kulturpakete (Kino- oder Konzertkarten zu Sonderkonditionen)
  • Präsenz in den Sozialen Medien, bei Instagram, Facebook, Twitter, YouTube etc. (vgl. auch Lüthy/ Stoffers 2014)

Wie können sich Vorgesetzte rüsten?

Der Hauptgrund hoher Fluktuationsraten sind unprofessionelle Vorgesetzte. Zufrieden sind Mitarbeiter dann, wenn ihre Vorgesetzten sie motivierend führen. Was bedeutet das genau?   

Mitarbeiter wertschätzen, wenn mit ihnen konkrete Ziele vereinbart werden, wenn die Vorgesetzten ihnen vertrauen, wenn ihre Verbesserungsvorschläge ernst genommen und umgesetzt werden. Außerdem müssen Chefs für ihre Mitarbeiter persönlich gut erreichbar sein, transparent informieren sowie die Zusammenarbeit kontinuierlich konstruktiv und fair gestalten.

 Professionelle Führung gelingt dann am besten, wenn folgende Instrumente zum Einsatz kommen (vgl. auch Lüthy/ Ehret 2014):

  • Standardisierte Onboarding Programme für neue Mitarbeiter, begleitet von Filmclips und „Paten“, die in den ersten sechs Monaten verlässliche Ansprechpartner sind,
  • regelmäßige Mitarbeiterjahresgespräche mit Zielvereinbarungen, die nachvollziehbar und im gegenseitigen Einvernehmen „auf Augenhöhe“ verabredet worden sind. 
  • jährlich stattfindende Klausurtagungen des kompletten Teams zu aktuellen Themen

Fazit

Wenn Führungskräfte diese Instrumente konsequent einsetzen, gelingt es ihnen, eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur in ihrer Apotheke aufzubauen, in der sich die jungen und die älteren Mitarbeiter wohl fühlen und gerne an ihrem Arbeitsplatz arbeiten.

www.luethy.de,  E-Mail: luethy@th-brandenburg.de, Twitter:@AnjaLuethy

Herzlichen Dank liebe Anja an dieser Stelle für die Bereitstellung Deines Beitrags für meine Website! 

Literatur

Buxel H. (2013) Arbeitsplatz Krankenhaus: Was Ärzte zufriedener macht. Deutsches Ärzteblatt 110 (11): A-494/B-440/C-440.

Buxel H. (2011) Krankenhäuser: Was Pflegekräfte unzufrieden macht. Deutsches Ärzteblatt, 108 (17): S. A-946/B-778/C-778.

Buxel H. (2009) Arbeitsplatz Krankenhaus: Der ärztliche Nachwuchs ist unzufrieden. Deutsches Ärzteblatt 106 (37):  A-1790/B-1538/C-1506.

Lüthy A., Stoffers C. (2014) Social Media und Online –Kommunikation für das Krankenhaus: Konzepte, Methoden, Umsetzung, mwv Verlag, Berlin.

Lüthy A., Ehret T.  (2014): Krankenhäuser als attraktive Arbeitgeber: Mitarbeiterkultur erfolgreich entwickeln, Kohlhammer Verlag, Stuttgart.