Professionelles Coaching: Arbeitspsychologische Unternehmensberatung

Pharmazeutische Beratung erfordert Fachkenntnisse die im Pharmaziestudium oder in der PTA-Ausbildung erworben werden. Die Berufsordnung legt die Kompetenzen und Befugnisse für Apotheker und PTA fest. Würden wir in der Apotheke zulassen, dass ein Psychologe ohne pharmazeutische Ausbildung Arzneimittel herstellt und an Kunden verkauft? Vermutlich nicht. Warum eigentlich nicht, wenn es umgekehrt so häufig gemacht wird?

„Quereinsteiger für den Handverkauf als Lösung gegen den Fachkräftemangel“ – Eine Satire

Stellen Sie sich vor: Eine Frau absolviert ein Praktikum in der Apotheke. Sie hat im Leben beruflich einiges ausprobiert. Sie war auch schon mal krank: Mal war es eine Erkältung, mal eine Magen-Darm-Grippe, Pubertät, Hautprobleme, Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit, Stress, etc. Sie hat viele Beipackzettel in ihrem Leben durchgelesen, sodass sie sich nun für einen Profi in Sachen OTC-Arzneimittel hält. 

Apotheke würde ihr durchaus Spaß machen, deshalb macht sie nun ein Schnupperpraktikum hier. Sie lernt schnell, konsultiert häufig Dr. Google, liest gerne diverse Apothekenzeitschriften, hat viel Lebenserfahrung und ist auch sehr an Pharmazie interessiert. Als „Trainee“ findet sie sich schnell in der Apotheke zurecht. Außerdem sieht sie sehr gut aus, ist offen und freundlich und kommt deshalb bei den Kunden gut an. Der Kunde fragt nicht nach der Ausbildung. Das Geschäft läuft. Nach dem absolvierten Praktikum möchte sie als „kleine Apothekerin“ in den Betrieb einsteigen. Großes Glück, dass dieser Vision die Apothekenbetriebsordnung und die Berufsordnung im Wege stehen.Pharmazeutische Beratung bleibt unsere Kompetenz. Es ist ja unser Kapital.

Bauchgefühl & Lebenserfahrung sind kein Fachwissen

Was wenige wissen: Der Quereinstieg als psychologischer Berater, Coach und Trainer gelingt problemlos. Diese Berufsbezeichnungen sind nicht geschützt und können von jedem benutzt werden, der als Solcher seine Leistungen verkaufen möchte. Ausbildungsordnung, Curriculum und Ausbildungsdauer sind optional und beliebig, denn es gibt keine gesetzlichen Regelungen. Ein Wochenendkurs reicht nicht selten aus um eine Trainerlizenz zu bekommen. Etwas Lebenserfahrung, nettes Auftreten und „Referenzen“ reichen bisweilen aus, um die Professionalität auszustrahlen und um Teams arbeitspsychologisch zu beraten und zu „trainieren“. Lohnt es sich eigentlich Psychologie zu studieren? 

Psychologen können die Menschen nicht durchschauen

Psychologen werben auch nicht mit einer Erfolgsgarantie, geben lediglich Impulse, aber keine fertigen Lösungen vor. Sie sehen auch bei Bewerbern, die Lücken im Lebenslauf aufweisen ein Potenzial, sie akzeptieren Kaffeeflecken in der Bewerbung, sie sehen eine Krise als Chance und lassen sich durch Titel und Referenzen nicht blenden. Und: Jeder Mensch bekommt bei ihnen unzählige Chancen etwas besser zu machen, denn das gezeigte Verhalten ist ja schließlich ein Produkt aus Situation (Umwelt) und Person.

Ist das nicht etwas kompliziert? Ja! Psychologie ist eine Wissenschaft, genauso wie Pharmazie und Medizin. Die Kompetenzen und Methoden der (Arbeits)- Psychologen an dieser Stelle zu erklären, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen.

Nicht-Psychologen sehen sich als Menschenkenner

Es mag den Anschein erwecken, dass es auch einfacher geht: Im Gegensatz zu Psychologen zeigen sich nämlich viele Berater als Menschenkenner. Sie liefern eine breite Palette an ultimativen Lösungen und schnellen Tipps zur Typisierung der Kunden, Bewerber und Mitarbeiter nach Farben, Körpersprache, Mimik, Blickrichtung, Schädelform oder Ähnlichem. Heuristiken und persönliche Erfahrung werden zur Gesetzmäßigkeit und charakterisieren die Küchenpsychologie. Literatur, Studien oder Quellen als Belege braucht man nicht. Ein erfahrener Koch braucht ja auch kein Kochbuch.

Dass es keine Methoden der Psychologie sind, wissen leider die Wenigsten, denn nach Validität, Reliabilität und Objektivität fragen nur die Psychologen.

Und die Psychologie in der homöopathisch verdünnten Dosis zeigt Effekte. „Wer heilt, hat recht.“ Der Preis suggeriert eine Wirkung. Ein Placeboeffekt? Aus der Erstverschlimmerung der Teamprobleme, wird Chronifizierung: So machen sich Berater unverzichtbar und werden immer wieder aufs Neue gebucht.

Wo liegt nun das Problem?

In der Apothekenwelt wird die Berufsordnung, Evidenz und Wissenschaftlichkeit zurecht sehr ernst genommen. Ebenfalls darf nur das pharmazeutische Personal die pharmazeutische Beratung leisten, Arzneimittel herstellen und abgeben. Und es ist auch sehr gut so.

Aus den Skandalen der letzten Zeit, die die Apothekenwelt erschüttert haben, wissen wir, dass Menschen, die ihre Arbeit in der Apotheke unprofessionell ausführen dem gesamten Berufsstand und generell dem Ruf der Apotheke schaden. Und so ähnlich verhält es sich mit dem Ruf der gut ausgebildeten Psychologen, wenn psychologische Beratung, Diagnostik und Intervention unsachgemäß durch Laien ausgeführt werden.

Pharmazeutische Beratung ist unsere Stärke. Unser Kapital. Und die psychologische Beratung ist das wichtigste Kapital der Psychologen.

Vertiefend:

Kanning, U.P. (2017). Face-Reading – Eine Pseudowissenschaft im Aufwind. In: Wirtschaftspsychologie aktuell. Nr. 2, S. 9–12.

Kanning, U.P. (2010). Von Schädeldeutern und anderen Scharlatanen: Unseriöse Methoden der Psychodiagnostik. Pabst, Lengerich 2010.

König, C. J. & Marcus, B. (2013). TBS-TK Rezension: „Persolog Persönlichkeits-Profil.“ Psychologische Rundschau, 64, 189 – 191. (Rezension zum DISG).