In unserem Lokalradio gibt es ab 5 Uhr morgens den „Klub der Frühaufsteher“. Lange schlafen kann ja jeder. Daher finde ich die Idee super, bin gerne dabei, aber warum erst ab 5? Die meisten Menschen liegen irgendwo zwischen den beiden Extrema: Doch es gibt auch echte Lerchen und die ausgesprochen nachtaktiven Eulen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich die beiden schrägen Vögel irgendwo im Tiefflug um halb Vier morgens beim Sonnenaufgang begegnen. Einige schaffen ihre Bestleistung erst ab Mitternacht, für andere kann es nicht früh genug sein, wenn sie ihre beste Leistung abrufen wollen.
Nachtflug im Morgengrauen
Psychologen, die sich mit der Schlafforschung beschäftigen sprechen von Chronotypen: Früh- und Spätaufsteher. Chronotypen sind grundsätzlich genetisch angelegt. Eine Lerche schafft den einen oder anderen Nachtflug bis kurz nach zwölf und auch eine Eule ist prinzipiell dazu fähig eine Frührunde im Morgengrauen zu drehen. Aber aus einer Lerche wird keine Eule und umgekehrt. Man erkennt es am Wochenende: Während die Lerche längst ihre gewohnten Frührunden dreht, dreht sich die Eule noch mehrmals im Bett um.
Eulen und Lerchen sind nicht nur zu verschiedenen Zeiten wach beziehungsweise müde, auch am Tag unterscheidet sich ihre Produktivität, Motivation und Konzentration. Es ist daher gar nicht so verkehrt, wenn Lerchen im Laufe des Tages auf Eulen treffen. So hält immer einer von den beiden die Stellung. Und man kann die längsten Autostrecken effizient an einem Stück zurücklegen: Bis 3 Uhr fährt die Eule, ab 3 die Lerche. Freie Bahn, denn nachts schlafen die „normalen“ Vögel. Und auch im Übrigen scheint auch die Partnerschaftszufriedenheit unabhängig von der Ähnlichkeit der Chronotypen zu sein.*
Social Jetlag
Unstimmigkeiten zwischen der Schlafzeit an Arbeitstagen und am Wochenende werden als Social Jetlag (SJL) bezeichnet. Eulen, die früh wegen Job aufstehen müssen oder Lerchen, die erst spät anfangen und lange arbeiten müssen, tragen ein zusätzliches gesundheitliches Risiko mit. Und dieses Risiko betrifft die Mehrheit der Bevölkerung, denn entweder ist man wegen dem Job, wegen der Schule oder wegen der Kinder nicht im eigenen Wunsch-Schlaf-Wach-Modus. Social Jetlag steht generell in Zusammenhang mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko und gesundheitsschädigendem Verhalten. Auch die Arbeitsleistung leidet darunter, was eigentlich nicht überrascht. Weitere Untersuchungen zeigen, dass der soziale Jetlag mit einem erhöhten BMI verbunden ist. Das Leben „gegen die Uhr“ kann demnach ein Faktor sein, warum viele Menschen zunehmen, wenn sie nicht nach der eigenen Uhr leben können.
Der Schlafmangel kann aber auch Verhaltensprobleme verursachen. Ein nicht ausgeschlafener Mensch, egal ob nun Lerche, die bis in die späten Stunden arbeitet oder die Eule, die aus dem Bett herausgeklingelt wird, werden im Laufe des Tages nicht die höchste Leistung zeigen.
Was nun?
Auch wenn es für die Wochenendpartymacher nicht so attraktiv zu sein scheint: Die einzige Möglichkeit halbwegs den negativen gesundheitlichen Folgen des Social Jet Lags zu entkommen, sind regelmäßige Schlafenszeiten. Sie stehen besser im Einklang mit der inneren Uhr und mit dem Ausstoß von Melatonin: Zur Studie
Ist der Wach-Schlaf-Rhythmus dauerhaft gestört, so können auch depressive Verstimmungen, Aggressionen, mentale und körperliche Erkrankungen, geringere Stressresistenz, Übergewicht usw. auftreten.
Es lohnt sich daher rechtzeitig den Folgen vorzubeugen, denn die Behandlung dieser Erkrankungen ist wesentlich umständlicher und nicht so angenehm, als der gesunde Schlafrhythmus.

* Bulian, M. et al. (2018). „Gleich und gleich gesellt sich gern“ oder „Gegensätze ziehen sich an“? Somnologie 22/2018, pp 187–193.
Auf dem Bild: Eine Lerche aus meinem Nest beim Sonnenaufgang in Kroatien.
Bildquelle: Dikta